Vorsicht beim Betrieb von Geldautomaten! Bargeld darf nicht jeder „ausgeben“…

von | 2. Juli 2016 | Compliance & Unternehmenssicherheit, Strafverteidigung

Egal ob Nachtclub, Tankstelle oder Minimarkt – viele Geschäfte bieten ihren Kunden mittlerweile die Möglichkeit, sich unkompliziert mit frischem Bargeld zu versorgen. Der Kunde erhält Geld aus der Kasse oder aus einem vom Betreiber befüllten Geldautomaten und erlaubt dafür die Belastung seiner EC-Karte in entsprechender Höhe. Doch Vorsicht: Eine solche einfach zu bewerkstelligende Serviceleistung mag den Kunden erfreuen, kann aber den Betreiber teuer zu stehen kommen.

Hintergrund

In vielen Fällen unterfallen derartige Angebote dem wenig bekannten „Gesetz über die Beaufsichtigung von Zahlungsdiensten“ (Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz = ZAG). Wer gewerblich oder in einem Umfang, der einen kaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, Zahlungsdienste erbringt, benötigt dafür eine Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Deren Erteilung ist nach den §§ 8 ff. ZAG an strenge Voraussetzungen geknüpft. Beispielsweise muss, wer Auszahlungsgeschäfte erbringen will, u.a. ein Stammkapital von EUR 125.000,00 nachweisen. Fehlt die Erlaubnis der BaFin, kann nicht nur die Aufsichtsbehörde eine Untersagungsverfügung erlassen. Daneben macht sich der Zahlungsdienstleister u.U. sogar strafbar (§ 31 ZAG). Dies kann, wie ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs vom 11.06.2015 (Az. 1 StR 368/14) zeigt, mit einschneidenden Konsequenzen verbunden sein.

Entscheidung

Der 1. Strafsenat hat unlängst entschieden, dass der Betreiber einer Spielhalle, der seinen Kunden erlaubt hatte, sich an einem Geldautomaten mit frischem Bargeld zu versorgen, damit unerlaubt einen Zahlungsdienst betrieben habe.

Der Betreiber musste deshalb eine empfindliche Geldstrafe bezahlen. Schlimmer noch: Gegenüber dem Unternehmen wurde der Verfall sämtlicher Erträge angeordnet, die es aus der unerlaubten Tätigkeit erlangt hatte. Und damit waren nicht etwa nur die Gebühren für den Bargeldservice gemeint. Davon hatte die Spielhalle nämlich wirtschaftlich kaum profitiert. Die Verfallsanordnung betraf vielmehr die Summe aller Gutschriften, welche das Unternehmen im Gegenzug für die Bargeldauszahlungen erhalten hatte. Die gleichhohen Auszahlungsbeträge durfte es demgegenüber jedoch nicht in Abzug bringen. Somit belief sich der Verfall letztlich auf genau diejenige Summe, die das Unternehmen im Tatzeitraum ausgezahlt hatte. Im Ergebnis wurde so fast eine halbe Million Euro für verfallen erklärt, obwohl das Unternehmen durch die Erbringung der Dienstleistung – mit Ausnahme geringer Gebühren – keinen Gewinn erzielt hatte.

Fazit

Die besagte Entscheidung ist in der juristischen Literatur überaus scharf kritisiert worden. Möglicherweise wird letztlich das Bundesverfassungsgericht oder sogar der Europäische Gerichtshof über ihre Richtigkeit entscheiden müssen. Der Fall zeigt gleichwohl, dass die Auszahlung von Bargeld an Kunden mit erheblichen Risiken befrachtet ist. Bevor ein entsprechender Service angeboten wird, sollte der Betreiber mithin eine sorgfältige rechtliche Prüfung anstellen um abzuklären, ob er eine Erlaubnis der BaFin benötigt. Bleibt es bei der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wird eine Erlaubnis nur noch selten entbehrlich sein.

Das ZAG sieht allerdings eine Reihe von Ausnahmetatbeständen vor. Nicht erlaubnispflichtig sind insbesondere Dienste, bei denen der Unternehmer dem Kunden auf dessen Wunsch hin Bargeld aushändigt, nachdem dieser kurz zuvor Waren oder Dienstleistungen aus dem Sortiment des Unternehmers erworben hat (vgl. § 1 Abs. 10 Nr. 4 ZAG). Diese auf Supermärkte zugeschnittene Regelung ist in ihrer Reichweite durchaus umstritten. Insofern stellt sich nämlich die Frage, ob sich der Spielhallenbetreiber mit Erfolg auf den Ausnahmetatbestand hätte berufen können, wenn er seinen Kunden vor der Bargeldausgabe z.B. ein Päckchen Kaugummi verkauft hätte. Teilweise wird dagegen argumentiert, dass derartige Gestaltungen als gezielte Umgehung des ZAG ebenfalls unzulässig seien. Der Wortlaut des Gesetzes trägt diesen Gedanken aber nicht. Dennoch ist angesichts der teils evident „ergebnisorientierten“ Rechtsprechung größte Vorsicht geboten.

Vor Aufnahme einer möglicherweise dem ZAG unterfallenden Tätigkeit empfiehlt sich also stets eine Anfrage bei der BaFin. Werden entsprechende Dienstleistungen jedoch bereits seit einiger Zeit erbracht, ohne dass eine behördliche Erlaubnis vorliegt, sollte der Unternehmer angesichts der beschriebenen Risiken dringend anwaltlichen Rat einholen.