Internationales Strafrecht und Auslieferung
Auslieferungsverfahren sind nicht selten Menschenrechtsverfahren. In vielen Ländern sind weder menschenwürdige Haftbedingungen noch ein faires Verfahren gewährleistet. Der Verfolgte darf sich nicht darauf verlassen, dass diese Umstände von deutschen Behörden und Gerichten selbstständig zur Kenntnis genommen werden.
In Auslieferungsverfahren vertreten wir engagiert – ggf. in Zusammenarbeit mit ausländischen Kollegen – die Interessen des Verfolgten. Zugleich wissen wir, dass das internationale Strafrecht weit über diesen Bereich hinaus an Bedeutung gewonnen hat.
Das europäische Recht prägt das deutsche Strafverfahren mittlerweile in vielen Bereichen. Die grenzüberschreitende Kooperation von Ermittlungsbehörden ist längst keine Seltenheit mehr und Instrumente wie der Europäische Haftbefehl oder die Europäische Ermittlungsanordnung führen dazu, dass ausländische Entscheidungen in Deutschland vollstreckt werden müssen, was zu einer deutlichen Einschränkung des Rechtschutzes führen kann. Andererseits eröffnen die europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und die EU-Grundrechtecharta der Verteidigung neue Ansätze. Der frühzeitige Hinweis auf einen möglichen Verstoß gegen europäisches Recht kann – z.B. in Steuerstrafverfahren – oftmals von entscheidender Bedeutung für den Verfahrensausgang sein. In den letzten Jahren gingen die meisten grundlegenden Weiterentwicklungen im Strafprozessrecht auf Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zurück (z.B. zur Tatprovokation, überlange Verfahrensdauer und Sicherungsverwahrung).
Auch außereuropäische und völkerrechtliche Bestimmungen beeinflussen zunehmend unsere Rechtsordnung. So werden etwa Entscheidungen der amerikanischen Börsenaufsicht SEC im Wege der Rechtshilfe durch deutsche Ermittlungsbehörden umgesetzt. Überdies prägen internationale Abkommen die Gesetzgebung im Bereich der Betäubungsmittel- und Terrorismusdelikte. Zugleich stellt die extraterritoriale Anwendbarkeit mancher ausländischer Strafgesetze – wie etwa des amerikanischen Foreign Corrupt Practices Act – zusätzliche Herausforderungen an die Compliance-Organisation.
Wir verfolgen aufmerksam die rasante Rechtsentwicklung auf europäischer und internationaler Ebene, um frühzeitig auf damit verbundene Risiken hinweisen und neue Chancen für die Verteidigung effektiv nutzen zu können.